In den letzten Jahren ist die Straßenbeleuchtung in Deutschland vielerorts modernisiert worden. Ältere  Straßenlaternen findet man immer seltener. Entdeckt man schließlich doch mal eine Laterne, welche die  Zeit der letzten 40 bis 50 Jahre überdauert hat, handelt es sich zumeist um ein Einzelexemplar, das aus  irgendeinem Grund dem wachsamen Blickfeld der umtriebigen Behörden entgangen ist. Umso  erfreulicher ist es, wenn man mal an eine Straße kommt, in der noch eine größere Anzahl ältere  Straßenlaternen anzutreffen ist. Noch seltener ist es, wenn es sich hierbei um eine Hauptverkehrsstraße  handelt, auf der man sich durch eine größere Anzahl von älteren Exemplaren in ein früheres Jahrzehnt  zurückversetzt glaubt. Doch es gibt sie noch, diese Straßen in denen das möglich ist. Das gilt sowohl für  Westdeutschland als auch für Ostdeutschland. Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR sind solche  Durchgangsstraßen noch etwas häufiger anzutreffen, da hier die Modernisierung der Straßenbeleuchtung  mit LED-Laternen noch nicht ganz so weit fortgeschritten ist wie in Westdeutschland. Aber auch auf dem  Gebiet der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland trifft man gelegentlich solche Straßen noch an. In  Schweinfurt gibt es solche Durchgangsstraßen noch. Nähert man sich von Südwesten über die  Bundesstraße 26 der Stadt, glaubt man sich laternentechnisch tatsächlich um mehrere Jahrzehnte  zurückversetzt. Auf der Ernst-Sachs-Straße stehen rechts und links sehr hohe Peitschenleuchten aus den  1960er- Jahren. Bestückt sind diese Masten mit verschiedenen Modellen von Langfeldleuchten aus dieser  Zeit. Solche Leuchten gibt es durchaus noch öfters, aber selten sieht man noch ein nahezu geschlossenes  Gesamtensemble, das in seiner fast vorhandenen Vollständigkeit dem Betrachter noch einen Eindruck aus  der Vergangenheit vermittelt. Der Straßenzug erstreckt sich über mehrere Kilometer, immer weiter in die  Innenstadt von Schweinfurt hinein. Schließlich kreuzt sich in der Innenstadt die Bundesstraße 26 mit der  Bundesstraße 286 und wenn man sich weiter Richtung Innenstadt hält, folgt man jetzt der Bundesstraße  286, die hier Landwehrstrasse heißt. Auch hier gibt es noch zahlreiche Langfeldleuchten, die hoch oben  an den Peitschenmasten hängen. Links und rechts der Straße befinden sich zumeist Firmen- und  Industriebauten, die in ihrem Erscheinungsbild ebenfalls nicht neu sind, sondern aus den frühen Jahren  der alten Bundesrepublik. Natürlich ist auch hier die Zeit nicht stehen geblieben. Die Stadtverwaltung hat  schadhafte Langfeldleuchten auch hier bereits gegen modernere Laternen ausgetauscht. Allerdings ist  dies offenbar nur gelegentlich der Fall gewesen und die wenigen modernen Leuchten vermögen es nicht,  den Gesamteindruck einer Straße aus den frühen 60er-Jahren nachhaltig zu stören. Eine Art ostdeutsches  Pendant dieser Straße befindet sich in Zeuthen in Brandenburg, einige Kilometer südöstlich von Berlin.  Auf einer Länge von etwa drei Kilometern stehen hier am Straßenrand zahlreiche Straßenlaternen aus den  Jahren der DDR. Der Streckenabschnitt beginnt im Norden mit der Seestraße, an der Ortsgrenze nach  Eichwalde. Folgt man der Straße nach Süden, stehen die Laternen am rechten Rand und man kann dem  Streckenverlauf über die Seestraße, die Lindenallee und die Fontaneallee bis an die Ortsgrenze nach  Königs Wusterhausen folgen. Zumeist handelt es sich bei den Laternen um das Modell 0236.20 der VEB  Leuchtenbau Leipzig, im Volksmund auch "kleiner Löffel", "kleiner Leipziger Tropfen" oder "kleine  Mandoline" genannt. Zwischendurch hängt gelegentlich jedoch auch ein Leuchtkopf des Modells "BG 1"  der VEB Leuchtenbau Leipzig am Masten. Die Masten selbst sind ebenfalls charakteristisch für die DDR,  es handelt sich durchweg um die seinerzeit weitverbreiteten Betonmasten. Wäre die Straße nicht gut  saniert und würden nicht rechts und links inzwischen eine Vielzahl von modernen Wohnhäusern der  Nachwendezeit stehen, könnte man sich tatsächlich in die Zeit der DDR zurückversetzt fühlen. Beide  Straßen, jene in Schweinfurt und die in Zeuthen vermitteln jedenfalls noch recht eindrücklich ein Bild  aus der Zeit der deutschen Teilung vor ca. 50 Jahren. Wie lange dies noch so sein wird, ist freilich offen.  Die Modernisierung des Straßenbeleuchtungsbestandes in Deutschland schreitet - nicht zuletzt auch  wegen des Klimawandels und des damit verbundenen Ziels einer Energieeinsparung - rasch voran. In  manchen Regionen schneller als in anderen. Bayern scheint zu den Bundesländer zu gehören, dass sich  damit noch etwas mehr Zeit lässt. Ähnliches kann man auch für manche strukturschwachen Gebiete in  den neuen Bundesländern sagen. So wird es wahrscheinlich nur noch wenige Jahre dauern, bis solche  nostalgischen Straßen in Deutschland endgültig der Vergangenheit angehören werden.  Markus Seebass im November 2020