Blättert man in alten Reiseprospekten und Touristikbroschüren, vermitteln diese nicht nur
einen Eindruck des Ortes oder der Stadt ihres Inhaltes, sondern auch ihrer Zeit. Dies ist
besonders dann der Fall, wenn sich die bildhaften Darstellungen nicht nur auf die wichtigsten
Sehenswürdigkeiten beziehen, sondern auch das Stadtleben dargestellt wird. Zum Stadtleben
zählt vieles, Land, Leute, Kultur aber auch Situationen des Alltags wie z. B. Straßenszenen.
Straßenszenen nehmen in Reiseprospekten der 60er-Jahre einen nicht unerheblichen Anteil
ein. Heute beschränken sich die Darstellungen zumeist auf die Fußgängerzonen, auf
Geschäfte und Passanten. Früher hingegen wurde häufig auch ganz bewusst der
Straßenverkehr gezeigt, der sich durch die Stadt fortbewegte. Die Intention hierzu war
nachvollziehbar. Die Städte waren oftmals stolz auf den gerade abgeschlossenen
Wiederaufbau. Das wollte man zeigen. Außerdem galt die autogerechte Stadt als Sinnbild des
Fortschritts und des neu erworbenen Wohlstands. Die Tourismusvereine scheuten sich daher
nicht, in den Werbeprospekten auch Hauptverkehrsstraßen darzustellen, auf denen sich die
Blechlawinen durch die Städte bewegten. Ein prominentes Beispiel hierfür ist Hannover. Die
niedersächsische Landeshauptstadt pflegte lange ihr Image als „autogerechte Stadt“ und
feierte breite Straßen als verkehrspolitische Errungenschaft. Das schlug sich natürlich auch
in der Werbung nieder, die man in dieser Form heute natürlich nicht mehr praktizieren würde.
Ungewollt dokumentierten die Werbestrategen von einst auf den Bildern aber noch etwas
anderes: Die Straßenbeleuchtung. Im Allgemeinen wird der Straßenbeleuchtung wenig
öffentliche Aufmerksamkeit geschenkt (was ein Fehler ist – Straßenbeleuchtung kann
stadtbildprägend sein). Damals allerdings zeigte man, was die Verkehrstechnik hergab und so
fanden sich auf den Fotos der Städtewerbung jener Zeit auch zahlreiche Straßenlaternen. In
der nachfolgenden Galerie sind beispielhaft zahlreiche Laternen aus dem Prospektmaterial der
1960er-Jahre dargestellt. Die meisten Laternen dürften heute nicht mehr existieren. Ihr
Design, das stilistisch die Epoche der Wirtschaftswunderzeit repräsentierte, würde völlig in
Vergessenheit geraten. Diese kleine Ausstellung soll an die typische Straßenbeleuchtung
Westdeutschlands in den ersten beiden Jahrzehnten nach dem Krieg erinnern.
Markus Seebass
Im Dezember 2017